„Last Christmas I gave you my heart…“, „Jingle bells, jingle bells…“ – weihnachtliche Musik beschallt mich, wo ich auch gehe und stehe. Und nicht nur das, auch riesige aufwendig geschmückte Weihnachtsbäume, Weihnachtsmänner, mit denen sich Kinder fotografieren lassen können sowie Zimtduft, findet sich überall. Wo ich gerade bin? Es ist schonmal kein deutscher Weihnachtsmarkt, genauso wenig wie das vorweihnachtliche New York. Nein, ich befinde mich mitten im tiefsten Asien, in der Mega-Metropole Jakarta, in Indonesien. Denn aktuell bin ich auf einem meiner Solo-Trips, als Alleinreisende einmal quer durch Südostasien. Ich habe drei Monate in Malaysia unterrichtet und nun geht es weiter, um über Länder, Orte, Hotels zu schreiben. Hier sind 30 Grad, die Luft ist schwül und feucht und überall stehen Palmen. Nicht gerade die Umgebung, die mich sonst am 25.12. umgibt.
Ich weiß, dass es für viele Menschen schon komisch wirkt, dass ich solo reise. Noch seltsamer erscheint es, dass ich an Weihnachten, dem Fest der Familien und der Gemeinsamkeit, als Alleinreisende verbringe. Nicht nur hier vor Ort werde ich immer wieder gefragt, warum ich denn Weihnachten nicht nach Hause fliege, auch Bekannte in Deutschland wundern sich regelmäßig, ob ich mich nicht einsam fühle – so allein, weit weg von daheim, und das auch noch an Weihnachten. Meine klare Antwort ist: nein! Denn zum einen sehe ich die Welt als meine Heimat. Es war schon immer mein größter Traum, möglichst viele Länder zu sehen und Menschen verschiedener Kulturen kennenzulernen. Und zum anderen bin ich kein Weihnachtsfan. Es stresst mich, dass man auf Kommando besinnlich, fröhlich und voller Harmonie sein soll. Ich mag keine Weihnchtsmärkte, da sie mir zu voll, konsumorientiert und teuer sind, und zudem für eine vegetarisch lebende Nicht-Alkoholikerin ohnhin nicht viel zu bieten haben. Menschen, die sich Weihnachtsmannmützen aufsetzen oder mit blinkenden Rentierhörnern auf dem Kopf rumrennen, finde ich albern. Kurz und gut – Weihnachten ist für mich nicht „the most wonderful time of the year“.
Wider Erwarten wird auch hier in Asien Weihnachten aufwendig zelebriert. Es ist zumindest in den Malls, Hotels und Geschäften mindestens genauso präsent wie in Deutschland. Komischerweise stört mich dieses ganze Brimborium hier aber nicht. Vielleicht weil ich einfach entspannt in meinem Hotelzimmer rumliegen und schreiben kann, statt mich um das passende Weihnachtsessen, Geschenke oder ähnliches zu kümmern. Und genau das ist es, was ich am Alleinereisen so mag: ich kann (fast) immer frei entscheiden, was ich machen möchte, egal an welchem Tag des Jahres, sogar an Weihnachten. Klar, ich sehe meinen Vater nicht, auch nicht meine besten Freundinnen, die ich sonst oft an den Weihnachtstagen in unserer Heimatstadt Hildesheim getroffen habe. Und das ist sehr schade und auch einen Tick traurig. Andererseits brauche ich ja nicht diesen einen speziellen Tag, um sie zu treffen. Wir lieben uns schließlich und somit bringt uns ein getrenntes Weihnachtsfest nicht auseinander. Im Gegenteil – ich bin verdammt happy, weil ich aktuell die sagenhafte Chance wahrnehmen kann, die Welt zu erkunden. Jeder, der mich ein bisschen kennt, wird merken, wie glücklich mich das macht. Und jeder, der mich liebt, wird sich mit mir freuen. Außerdem wissen übrigens alle, die mich lieben, dass ich zwar Weihnachten nicht besonders mag, das Lied „Last Christmas“ von Wham dafür abgöttisch liebe. Na ja, sie werden es ja hoffentlich niemandem weitersagen. Ich laufe durch die indonesische Mall, zurück zu meinem Hotel und singe zusammen mit George Micheal, dessen Stimme aus den Lautsprechern tönt, schief und glücklich meinen Lieblings-Weihnachtssong: „Last Christmas I gave you my heart, but the very next day you gave it away…“.
In diesem Sinne: habt tolle Weihnachten, wo auch immer, mit wem auch immer, ob ihr feiert oder nicht. Und denkt daran, dass ihr immer das machen solltet, was euch glücklich macht. Ganz egal, was die anderen sagen oder denken!