Nun habt ihr ja schon einige Interviews mit alleinreisenden Frauen lesen dürfen. Dieses hier ist jedoch ein bisschen anders, weil es um eine Frau geht, die seit vielen Jahren alleine mit ihrer Tochter reist. Aber das ist ja mindestens genauso interessant, wenn nicht fast noch spannender, nicht war? Aber lest selbst was Frauke von We2ontour im Interview über das Reisen mit Kind berichtet!
Reisen mit Kind: Frauke im Interview
Was war dein liebstes Reiseziel, das du allein mit deiner Tochter bereist hast?
Seit fast 14 Jahren reise ich allein mit meiner Tochter. Dabei waren viele wunderbare Reiseziele, so dass es schwerfällt sich zu entscheiden. Aber an zwei Reisen erinnere ich mich besonders gern. Zum einen meine erste Reise „allein mit Kind“. Das war im Juni 2002, meine Tochter war 3 1/2 Jahre alt und ich frisch getrennt. Reisewünsche und – ideen hatte ich viele. Aber ganz allein mit einem Kleinkind?
Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder ich bleibe zu Hause oder ich stelle mich der Herausforderung und reise allein. Damals habe ich kurz entschlossen alle Bedenken über Bord geworfen, ein Zelt und eine Campingausrüstung gekauft, das Auto beladen, meine Tochter eingepackt und bin mit ihr nach Frankreich gefahren. Unsere 3-wöchige Tour führte uns über die Provence, die Camargue bis nach Südfrankreich und Monaco. Dies war vielleicht nicht unsere aufregendste, aber auf jeden Fall eine ganz besondere Reise. Es war toll! Diese Reise war der Anfang einer ganz wunderbaren Reisegeschichte, die noch lange nicht zu Ende ist. Diese Reise hat etwas verändert. Ich habe gemerkt, es ist gar nicht so schwer allein zu reisen. Und mit dieser Erkenntnis stand fest, das ist genau mein Ding! Gemeinsam mit meiner kleinen Tochter werde ich die Welt entdecken.
Die zweite Reise-Erinnerung geht nach Südafrika. Südafrika war schon immer mein Traum und so habe ich 2005 die vorerst letzte Gelegenheit, für eine längere Reise außerhalb Schulferien, genutzt und bin mit meiner Tochter nach Südafrika gereist. Diese Reise, ein 4-wöchiger Roadtrip von Johannisburg nach Kapstadt, war eine große Herausforderung. Für uns zwei die erste große Fernreise überhaupt, bis dahin waren wir nur in Europa unterwegs. Kurz vor dem Start unserer Reise wusste plötzlich jeder in meinem Umfeld, so fühlte es sich auf jeden Fall an, etwas Negatives über Südafrika zu berichten. Von brutalen Überfällen auf Touristen, Vergewaltigungen und Diebstählen war die Rede.
Mit diesen Worten im Hinterkopf fiel es mir zunächst schwer, mich für das Land und die Menschen zu öffnen. Und immer wieder, vor allem beim Durchfahren einsamer Gegenden, war da dieses unangenehme Gefühl. Im Nachhinein, wie sich herausgestellt hat, völlig unberechtigt. Ganz im Gegenteil, wir haben nette, aufgeschlossene und hilfsbereite Menschen in einem traumhaften Land kennen gelernt. Und da uns Südafrika so fasziniert hat, haben wir das Land zwei Jahre später gleich noch einmal besucht.
Was magst du am Alleinereisen mit Kind? Gibt es auch Nachteile?
Seit meiner ersten Reise „allein mit Kind“ sind fast 14 Jahre vergangen. Auch wenn ich ab und an gern mit meinem Freund unterwegs bin (dann allerdings nur Kurzreisen übers Wochenende), packe ich zum Unverständnis meiner Familie und meiner Freunde jedes Jahr mehrfach den Koffer und gehe nach wie vor allein mit meiner Tochter auf Reisen.
Ich mag das Selbstbestimmte am Alleinereisen. Auf Reisen möchte ich keine Kompromisse eingehen. Ich möchte entscheiden wohin es geht, wie lange, was ich mir ansehen möchte und wie die Route aussieht. Natürlich hat meine Tochter mit ihren 17 Jahren inzwischen ein Mitspracherecht. Aber da ergänzen wir uns ganz wunderbar und sind fast immer einer Meinung.
Alleine nimmt man alles wesentlich intensiver wahr. Während man sich in Begleitung eines Reisepartners auf das Miteinander konzentriert und sich auch gern einmal auf den Partner verlässt, sind alleine alle Sinne geschärft. Man achtet mehr auf seine Umgebung und beschäftigt sich verstärkt mit der Infrastruktur, der Umgebung und allen weiteren die Reise betreffenden Details. Aber das ist längst nicht alles. Die Erlebnisse und Erfahrungen während der Reise wirken sich auch deutlich und äußerst positiv auf die Persönlichkeit aus.
Das Alleinereisen hat mich mutig und selbstbewusst gemacht. Ich treffe die Entscheidungen und übernehme die Verantwortung. Natürlich gibt es auch einsame Momente oder brenzlige Situationen, in denen man sich einen Reisepartner wünscht, aber bisher bin ich immer gestärkt aus solchen Situationen herausgekommen. In Barcelona griff ein Dieb in meine Jackentasche. Ich merkte es und schlug ihm reflexartig auf den Arm. Ganz schnell war er verschwunden. In Südafrika sind wir mit dem Auto in einem Schlammloch stecken geblieben. Ich stieg aus, suchte Äste und Geröll, um den Boden zu stabilisieren und nach mehreren Versuchen gelang es mir, den Wagen zu befreien.
Was muss man deiner Meinung nach als alleinreisende Frau beachten?
Allein verreisen mit Kind? Für viele nicht vorstellbar. Wenn es nicht gerade eine Pauschalreise mit Kinderbetreuung ist, gehört schon eine Portion Mut und Entschlossenheit dazu. Allein planen, jeden Tag für sich selbst organisieren – auf den ersten Blick nichts für „Jederfrau“. Lass dich davon nicht abschrecken!
In 14 Reisejahren habe ich mit meiner Tochter 39 Länder bereist. Wir waren viel in Europa unterwegs, aber auch mehrfach in Afrika, in den USA, in Asien und im Nahen Osten. Alle Reisen wurden von mir individuell geplant und alle Ziele haben wir auf eigene Faust entdeckt. Und uns ist nichts passiert! Wichtig waren mir dabei immer eine gute Vorbereitung sowie ein paar Vorkehrungen für unsere Sicherheit in fremden Ländern. Ich informiere mich vorab so gut wie möglich über unser Reiseziel. Das betrifft nicht nur die Gefahr von Diebstählen oder Übergriffen, sondern auch Kriege, Naturkatastrophen, Krankheiten und die lokalen Gegebenheiten. Als Quellen nutze ich das die Seiten des Auswärtigen Amtes und Reiseblogs. Dabei lass ich mich jedoch nicht von Vorurteilen beeinflussen. Das Thema Sicherheit ist mir wichtig, aber bedenke, dass gerade in den Nachrichten immer nur von Katastrophen, Terror, Überfällen, etc. berichtet wird. Über den friedliebenden Großteil der Bevölkerung in der Welt wird kein Wort erwähnt. Ich schaue sehr genau hin, wo die Gefahren liegen.
Alleinereisen mit Kind bedeutet vor allem eines: eine gute Planung. Damit meine ich nicht, alles bis ins Detail geplant zu haben. Den Umfang unserer Planung mache ich vom Reiseziel und der Reiseart abhängig. In einem dünn besiedelten Land mit wenigen Übernachtungsmöglichkeiten und großen Entfernungen zwischen den einzelnen Orten, wie zum Beispiel Namibia, ist eine Routenplanung sowie Vorab-Buchung der Unterkünfte unbedingt notwendig. Im dichtbesiedelten Malaysia mit guter Infrastruktur findest du an jeder Ecke eine Übernachtungsmöglichkeit.
Ich buche auf jeden Fall die erste Übernachtung immer vor. Mir ist es wichtig zu wissen, dass, egal wie spät am Abend wir ankommen, ein Zimmer auf uns wartet. Ich wähle auch alle Routen und Ziele so, dass wir die nächste Unterkunft möglichst vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Vor einer Reise scanne ich alle wichtigen Dokumente (Reisepass, Reiseunterlagen, ec.) ein und sende mir diese per Mail auf mein Email-Postfach. Außerdem habe ich immer Kopien der Reisepässe dabei, falls ein Pass einmal verloren geht. Geldreserven und Kreditkarten deponiere ich an verschiedenen Stellen.
Ich reise nie (wieder) ohne Auslandskrankenschutz. Ein 5-minütiger Arztbesuch in den USA hat mich fast 1200 Euro gekostet – dies war sehr teureres Lehrgeld! Ich habe immer eine, selbst erstellte, Notfallkarte mit allen wichtigen Daten dabei.
Ich versuche mit leichten Gepäck und mit wenigen Wertgegenständen zu reisen. Man kann das Gepäck nicht immer im Auge haben. Sollte etwas verloren gehen, ist es dann nur halb so schlimm. Bei Flugreisen habe ich immer die wichtigsten Dinge sowie eine Grundausstattung im Handgepäck. Bereits zweimal sind unsere Koffer mit Verspätung angekommen. In Griechenland mussten wir sogar ganze 6 Tage auf unser Gepäck warten. Da hat sich eine „Notausrüstung“ bewährt.
Unterwegs versuchen wir uns den kulturellen Gegebenheiten eines Landes, vor allem den Kleidersitten, anzupassen, um nicht unnötig aufzufallen. So sollte man zum Beispiel in muslimischen Ländern Schultern und Knie bedeckt halten.
Alleine reisen mit Kind bedeutet auch alleinige Verantwortung. Ich habe meine Tochter nie „angekettet“, aber immer versucht einen Schritt voraus zu denken. Ansonsten habe ich mich auf meine Instinkte verlassen und bin so auch nie in wirklich gefährliche Situationen gekommen. Gerade als Mutter genießt man in vielen Ländern ganz besonderen Respekt und Achtung. Neben den üblichen Vorsichtsmaßnahmen habe ich nach Einbruch der Dunkelheit einsame Gegenden gemieden, ich bin zweideutigen Situationen aus dem Weg gegangen und Männern distanziert, aber freundlich gegenüber getreten. Eine Portion Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein hat mir immer geholfen. In manchen Ländern ist es ganz praktisch einen Ring am Finger zu tragen bzw. einen vermeintlichen Ehemann im Hotel zu haben.
Gerade wenn man allein reist, ist es wichtig regelmäßigen Kontakt zu Freunden oder Familie zu halten. Zu Hause ist immer jemand über unsere Reisepläne informiert. Bei Fernreisen hinterlasse ich eine grobe Route und, wenn vorhanden, eine Übersicht der vorgebuchten Unterkünfte. So weiß man im Notfall immer, wo wir sind.
Abschließend möchte ich noch einmal sagen, dass wir noch nie in einen Ernstfall geraten sind und das auch nicht außerhalb der Touristenpfade. Ich bin für viele Eventualitäten gewappnet, war aber zum Glück noch nie gezwungen das auch zu testen. Alleine reisen mit Kind ist ein großes Abenteuer, aber nicht unmöglich. Glaub mir, es gibt nichts Schöneres als gemeinsam auf Entdeckungsreise zu gehen.
Nicht nur interessant und mutig, auch sehr informativ.
Liebe Claudia….schön, dass dir das Interview gefällt!!!
der artikel spricht mir aus der seele und bringt mich zum schmunzen.ich reise seit 16 jahren „alleine“ mit meinem sohn ,von
australien ,marrokko, kroatien ,vietnam…..nach new york, barcelona, london, singapore…..als backpacker,hostelgast,camper,….eine wunderbare erfahrung. mein fiktiver ehemann ist uns immer ein zwei tage im reisen voraus……logisch, als journalist hat man immer etwas zu recherchieren.:-)mein fiktiver ehering fehlt ebenfalls nicht….auch sonst kann ich nur all den beschriebenen maßnahmen zustimmen.naja, vielleicht begegnen wir uns einmal.liebe grüße!birgit
Hehe, das mit dem fiktiven Ehemann habe ich auch mal gemacht, aber dann wurde ich vom Taxifahrer stundenlang über unsere Beziehung ausgefragt und bin so ins Schleudern gekommen, dass ich es künftig gelassen habe. Zum Glück sind die Männer hier in Asien (wo ich seit Monaten bin) aber ja nicht so aufdringlich. In Marokko z.B. müsste definitiv ein Fake-Mann her…
Toller Artikel! Sehr informativ:) Ich reise auch alleine mit meinem Sohn um die Welt. Er ist jetzt 9 und Ich bin gespannt, wie lange er mit mir noch reisen möchte 🙂
Wie schön, dass dir der Artikel gefällt, liebe Alexandra. Na ja, ich hoffe mal, dass er noch einige Jahre mitkommen wird…aber klar, irgendwann wird wohl die Phase kommen, in der er die Mädels mit seiner Coolness beeindrucken will und Urlaub mit Mama nicht dazu gehört ;-). Bis dahin, genießt die gemeinsamen Reisen!