Neulich lag ich auf meinem Sofa und hörte Radio, als ein alter Janis Joplin Song kam. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wer ihn gesungen hatte, doch es gab einen Satz, den ich einfach nicht vergessen konnte, der einen gewissen Aha-Effekt in mir auslöste und dazu führte, dass ich das Lied später googelte:
„Freedom is just another word for nothin‘ left to lose“
Plötzlich dachte ich mir „Ja, das ist es“ und konnte überhaupt nicht mehr verstehen, warum mir dieser Gedanke nicht schon vorher einmal kam.
In den letzten Monaten habe ich immer wieder gemerkt, dass ich unzufrieden bin, mich manchmal einsam und leer fühle. Schleichend ging es mir immer etwas schlechter. Erklären konnte ich mir das nicht, denn hatte ich doch alles erreicht, was ich wollte: mein unabhängiges Reiseleben. Doch so schön das auch sein mag, so sehr ich das Reisen nach wie vor liebe, so musste ich doch merken, dass ich einen wichtigen Aspekt des menschlichen Lebens in letzter Zeit extrem vernächlässigt habe: meine sozialen Kontakte.
Gerade heute ist ein Tag, der automatisch mit sich bringt, darüber nachzudenken, wie wichtig Bezugspersonen im Leben sind. Heute ist der Geburtstag meiner vor 3 Jahren verstorbenen Mutter – sie wäre am 6. Januar dieses Jahres 68 geworden. Happy Birthday, Irene! Sie war eine der wichtigsten und engsten Personen in meinem Leben und mittlerweile habe ich erkannt, dass ich mir nach ihrem Tod erst einmal selbst beweisen musste, dass ich nicht zusammen breche und auch alles allein meistern kann, am besten ganz allein. Und vielleicht war es somit in dieser Lebensphase genau richtig, ganz viel Zeit komplett allein zu verbringen.
Freiheit – ist das wirklich alles?
Doch das Leben geht weiter, Situationen und Menschen verändern sich und somit auch ihre Bedürfnisse. Und ich habe für mich entschieden, dass ich dieses Jahr meinen Schwerpunkt darauf setzen möchte, die Beziehungen zu Familie und Freunden zu festigen, beziehungsweise teilweise wieder neu aufzunehmen. Dafür „muss“ ich mehr in Deutschland sein, Abstand nehmen von monatelangen Fernreisen und etwas mehr Verbindlichkeit eingehen, was ja eigentlich eher der gegenteilige Weg ist, von dem, den ich in den vergangenen Jahren eingeschlagen habe. Doch ich habe einfach gemerkt, dass flüchtige Bekanntschaften auf Reisen, oder etwa dortige Liebschaften, niemals jahrelange Freundschaften ersetzen können, und dass sie auch zumeist nicht lange anhalten. Nach wie vor bin ich ein Mensch, der gut mit sich alleine sein kann, aber ich bin ins Extrem gegangen. Manchmal habe ich fast eine Woche niemanden gesehen, außer vielleicht die Nachbarn auf dem Hausflur, seit 2 Jahren war ich nicht mehr tanzen und selten verlasse ich nach 8 Uhr abends (wenn die meisten gerade erst Feierabend gemacht haben) das Haus. Das soll anders werden.
Nun heißt das keinesfalls, dass ich mich von meinem Reiseleben verabschieden will. In den kommenden Monaten sind zahlreiche Deutschlandtrips geplant, ich möchte so gerne mal wieder Kurztrips in Nachbarländer, z. B. in Städte wie Amsterdam oder Paris machen. Und die eine oder andere Reise in ein ferneres Land wird es dieses Jahr sicherlich auch geben. Und bestimmt ist mein Reisedrang nun nicht pötzlich vorbei, so dass ich fast damit rechne Ende des Jahres oder spätestens in den kommenden wieder eine mehrmonatige Fernreise anzutreten, doch momentan sagt mir meine Intuition, dass ich ein Stück meiner Freiheit abgeben muss, für mehr Innigkeit, Gemeinshaftlichkeit und eine Art Bodenhaftung.
Denn komplette Freiheit, das bedeutet nichts und niemanden zum Verlieren zu haben, wie die Janis-Song-Zeile mich gelehrt hat. Und das ist sehr einsam!
Liebe Katharina,
danke für diese Sichtweise. Ich selbst bin extrem reiselustig und seit acht Jahren Mutter (mittlerweile dreifach). Natürlich liebe ich meine Kinder unendlich, meinen Mann vielleicht sogar noch mehr. Aber ich fühle mich oft auch sehr versklavt. Zwar reise ich nach wie vor viel (auch ohne Familie), aber ich denke oft, dass ich jetzt lieber 20 Jahre alt und Online-Nomadin wäre…. Dein Artikel hat mir wieder bewusst gemacht, dass ich diese Innigkeit, Bodenständigkeit und das warme Nest mehr schätzen sollte. Alles hat seine Zeit… Herzliche Grüße von Nadine
Liebe Nadine, ganz lieben Dank für deinen Kommentar. Man wünscht sich zwischendurch in seinem Leben sicherlich immer mal wieder, dass etwas anders wäre. Mittlerweile denke ich, dass ein Mittelding das Ideale ist: ein warmes Nest und zwischendurch immer wieder Reise-Auszeiten. LG
Liebe Katharina, dann schaffen wir es ja hoffentlich dieses Jahr mal mit einem treffen im Städtchen würde mich freuen!
Oh ja, hoffentlich :-). LG
Vielen Dank für diese schönen Zeilen. Volltreffer. Wie gut kann ich das verstehen. Die rastlose Seele zieht mich stets in die Welt und das Herz möchte immer mal wieder nach Hause. Ich bin gerade über 2Monate unterwegs und kann das nachempfinden. Freue mich auf meine Homebase und meine Awesome People. Genau so freue ich mich, wenn die Seele nach der Saison wieder auf Reisen geht ? So schafft sich jeder sein eigenes Lebensmodell…alles Liebe!
Ganz genauso geht es mir auch. Ich werde auch niemals koplett sesshaft werden können. Aber zumindest den ursprünglichen Traum vom kompletten Unterwegssein habe ich mir (auf jeden Fall für den Moment) abgeschminkt. LG
Moin,
Ich finde es großartig und auch wichtig das du so offen über ein doch sehr persönliches Thema sprichst.
Viele, ich eingeschlossen, bedenken bei ihren Weltreise Träumen nicht immer, dass zwischen Freiheit und Freiraum ein wesentlicher Unterschied liegt.
Den Janis Joplin mit dieser Zeile tatsächlich sehr gut auf den Punkt bringt. Ich musste mir natürlich gleich erstmal das Lied anhören^^
Ich bin gespannt, wohin dich dein neuer Weg führt und wie es weitergeht 🙂
Liebe Grüße,
Jacky
Danke Jacky, ja, vielleicht wäre das Wort Freiraum das passende für meine Wünsche. Darauf war ich noch gar nicht gekommen. Danke für den Impuls :-)!
Liebe Katharina,
ich kann dich verstehen, auch wenn ich kein Nomadenleben führe, und denke auch, dass langjährige soziale Kontakte wichtig und essentiell sind. Ich glaube sogar, dass dieses von dir angesprochene Thema viele Menschen einmal beschäftigt. Gut ist es dann, wenn man wieder aus diesem Tief herausfindet. Ich finde es wirklich toll, dass du dieses Thema so offen ansprichst, da man ja leider oftmals genau das Gegenteil durch die Medien vermittelt bekommt.
LG Monique
Liebe Katharina,
ein sehr berührender Artikel. Das Gefühl kenne ich gut…
Und auch ich habe einige Zeit das Problem gehabt, nicht genügend soziale Kontakte zu haben. Also echte, im echten Leben.
Kennst du das Lebensrad? Es ist hilfreich, sich zu verdeutlichen, was uns im Leben fehlt um glücklich zu sein. Es kommt aus dem Coaching. Du malst dir einen Kreis auf und unterteilst ihn in die wichtigsten Bereiche, die wir im Leben brauchen, um glücklich zu sein. Und JA, das ist nicht nur Freiheit und eine erfolgreiche Selbstständigkeit oder der Beruf mit genug Geld. Die Bereiche sind zusätzlich: soziale Kontakte / Freundschaft, Partnerschaft, Gesundheit, Hobby / Freizeit, Lebensumfeld und was dir sonst noch wichtig erscheint.
Bei jedem Bereich zeichnest du als Radius-Linie eine Skala von 1 bis 10 und markierst dann ganz spontan, wie hoch deine Zufriedenheit mit dem jeweiligen Lebensbereich ist. 10 ist das Maximum an Zufriedenheit. Dann verbindest du alle markierten Punkte auf der Skala in deinem Kreis. Wenn wir spontan die Bewertung vergeben, ist das meistens ziemlich richtig. Je weniger dein Kreis der Bewertungspukte einem Kreis entspricht, umso unglücklicher wirst du sein, denn um ein glückliches und erfülltes Leben zu haben, brauchen wir in allen Bereichen eine Basis und eine Ausgewogenheit.
Mir hat das sehr geholfen, das bildlich zu sehen, ich liebe dieses Lebensrad. Man kann dann anfangen sich gezielt um die Themen zu kümmern, die vernachlässigt wurden oder die verbessert werden sollten.
Liebe Grüße!