Blogger Duell: wandern

Ganz spontan kam mir neulich die Art einer neuen Kolumne für „So nah und so fern“ in den Sinn – ein anderer Blogger / eine andere Bloggerin und ich äußern beide unsere gegenteilige Meinung zu einem (Reise)thema. Dabei sind Sarkasmus und ein bisschen (liebevolle) Boshaftigkeit erlaubt, bzw. gern gesehen. Denn manchmal sollten wir uns selbst auch mal nicht so ernstnehmen. Es geht los mit dem schönen Thema „Wandern“, auf welches die tolle Lynn, welche ich kürzlich auf einer Pressereise kennengelernt habe, ein Loblied singt, während ich bei diesem Thema definitiv die Contra-Meinung vertrete. Viel Spaß beim Lesen.

 

Wandern – pro

(von Lynn von Lieschenradieschen-reist.com)

Während ich über das Tal unter mir Blicke, weht eine angenehme Brise um meine Nase. Tief atme ich die frische Luft ein und freue mich über dieses wunderschöne Naturerlebnis. Ich gehöre zu den 40 Millionen Deutschen, die sich regelmäßig und gerne in die Zip Off Hose schmeißen und sich auf den Weg machen, um zu wandern.

Die Vorteile liegen dabei für mich klar auf der Hand. Nirgendwo sonst kann man so wunderbar vom stressigen Alltag der Großstadt abschalten, als beim sanften Rauschen der Bäume und dem melodischen Piepen der Vögel. Wenn ich dann noch die Jause aus meinem Rucksack auspacke und sie mit herrlicher Sicht genießen kann, ist mein Glück perfekt.

Am Gipfelkreuz stoße ich nicht selten einen leisen Jauchzer aus und auch ein Erinnerungsselfie an dieses Highlight lasse ich mir nicht entgehen. Besonders aufregend wird es dann, wenn ich auch andere Wanderer treffe. Nicht selten rutscht mir dabei ein freundliches ‚Grüß Gott‘ heraus, obwohl ich doch eigentlich im Flachland aufgewachsen bin.

wandern

Wenn ich nicht gerade mit ausladenden Wanderschritten die Naturpfade Deutschlands und Europas erkunde, stöbere ich im Internet nach Multifunktionskleidung. Ich bin der festen Überzeugung, dass Zip Off Hosen sexy aussehen können und es nichts Besseres gibt, als Buff-Tücher. Ständig bin ich dabei mit „Gear“ zu verbessern und Kilos einzusparen, wo es nur geht. Das Haus verlasse ich eigentlich gar nicht mehr ohne meine Wanderstöcke.

Am Wandern schätze ich besonders, dass man das ganze Jahr unterwegs sein kann. Denn, „es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche Kleidung.“ Für mich ist es eine unglaubliche Freiheit, sich in der Natur zu bewegen und sich so Land und Leute wirklich zu erarbeiten. Es ist eben was ganz anderes, Strecken mit dem Auto zu bewältigen, als sich jede Steigung zu erkämpfen. Und abends kann ich dann voller Stolz in mein Zelt oder meine Herberge fallen und weiß, dass ich mir mein Abendbrot verdient habe.

In diesem Sinne: Frisch auf!

Die Autorin:

Hallo, ich bin Lynn, 23 Jahre alt und Schreibende hinter dem Blog Lieschenradieschen-reist. Mein Herz habe ich an das südliche Afrika verloren, aber genauso gerne erkunde ich Europa. Wenn ich gerade mal nicht reisen kann, lese und rezensiere ich Reiseliteratur, um mich so in ferne Welten zu träumen. Ihr findet mich und meinen Blog übrigens auch auf Facebook und Instagram.

 

Wandern – contra

(von Katharina)

Ich bin eine Stubenhockerin, so eine richtige. Oft will man mir das nicht glauben, da ich ja so viel unterwegs, so oft auf Reisen bin. Doch auch dort bin ich gerne drinnen: in meinem schönen Hotelzimmer, liege dort auf meinem Bett und lese oder schreibe, alternativ in schönen Cafes oder Restaurants. Dort ist es gemütlich, frischer Kaffee immer verfügbar und es gibt viel zu gucken. Klar, auch ich laufe gerne durch schöne spannende Städte und lasse mich dort von dem Geschehen inspirieren. Aber wandern? Nee, das gibt mir wirklich überhaupt nichts. Bisher hat es sich mir noch absolut nicht erschlossen, warum sich jemand freiwillig hässliche Kleidung anzieht, sich auf einen unkomfortablen Marsch, durch die Natur aufmacht, um dann sinnentleert vor sich hinzutrotten.

Bewegung ist gut für uns, natürlich, aber da kenne ich wahrlich unterhaltsamere Möglichkeiten. Ich ziehe gerne Bahnen im Hotelpool, mit 30-40 minütigem joggen kann ich mich auch noch anfreunden, aber dieses Wandern dauert ja Stunden oder sogar Tage: eine nicht enden wollende Folter. Bei manchen Personen habe ich sogar das Gefühl, dass sie sich diese Outdoor-Sportart zu ihrer Religion gemacht haben, inklusive religiöser Tracht, welche in diesem Fall aus Funktionskleidung besteht. Schon immer muss ich innerlich grinsen und den Kopf schütteln, wenn ich Menschen in Jack Wolfskin Jacke, Zip-Off-Hose und (vornehmlich braunen) Wanderschuhen sehe – Schlammfarben passen halt gut zu der Natur, dass sie wirklich nicht kleidsam sind ist völlig egal. Bei manchen Menschen geht es sogar so weit, dass diese Tracht auch in der Stadt getragen wird, wo sie nun wahrlich absolut unnötig ist. Aber so kann man wahrscheinlich Seinesgleichen leichter erkennen: eine Art Code für die Wanderer, damit sie sich stillschweigend zunicken und denken können: „Hey, wir gehören zusammen, sind nicht wie die anderen Großstädter, sondern eigentlich total naturverbunden“. Warum zieht ihr denn dann nicht einfach in die Natur?

Ein schöner Pool sagt mir für Sport wesentlich mehr zu als ein Wanderpfad

Dass wandern nichts für mich ist, das wusste ich intuitiv irgendwie schon immer. Freiwillig ausprobiert hätte ich es deswegen wohl auch nie. Manchmal hat man aber ja keine eigene Entscheidungsgewalt. Beispielsweise, wenn man eine Gruppenreise macht (was eh eine denkbar schlechte Entscheidung war) und eine Regenwaldwanderung mit auf dem Programm steht. Während alle fröhlich vor sich hin stampfen, munteren schnellen Schrittes, Bäche und Geröll passieren und den laufenden Schweiß, welcher bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit einfach nicht ausbleibt, knallhart ignorieren, wird mir immer komischer zumute. Ich fühle mich fehl am Platz. Zudem bleibe ich immer weiter hinter den andere zurück, denn ich schaffe es einfach nicht Schritt zu halten und will es irgendwie auch gar nicht, denn unsere Aktivität kommt mir so furchtbar sinnlos vor. Ich könnte jetzt tolle Geschichten zu Papier bringen, eine spannende Serie gucken, in einem Museum sein, leckeres lokales Essen probieren oder mir von einheimischen Malaysiern über ihr Leben berichten lassen. Stattdessen befinde ich mich in the middle of nowhere mit ein paar Verrückten, die ernsthaft Spaß daran zu haben scheinen, was wir hier machen. Sie lachen nicht einmal zwischendurch, geschweige denn dreht sich jemand um und schaut, wo ich bleibe. Plötzlich kann ich nicht mehr anders und die Tränen rollen über meine Wangen. Das hier ist einfach alles falsch. Als unser Dschungel-Guide mich sieht, bleibt er stehen, läuft ab jetzt nur wenige Meter vor mir und er macht etwas, das ich niemals vergessen werde: er holt ein kleines tragbares Radio aus der Tasche und schaltet es ein. Denn zwar spricht er nicht meine Sprache und wundert sich wahrscheinlich über diese seltsame blonde Frau, die so unbeholfen durch seinen Wand stakst und dann auch noch weint. Doch instinktiv scheint er zu wissen, was mir weiterhilft: ein kleines Stück Zivilisation, in Form von Musik.

Wandern, you are a bitch, und ich werde dich nie lieben. Aber immerhin hast du es auch bei mir geschafft, dass ich ein kleines Stück weit mehr zu mir selbst gefunden habe. Und dafür werde ich dir immer dankbar sein.

6 Kommentare

  1. Coole Idee.

    Wobei ich mich bei diesem Duell eindeutig auf Lynns Seite schlage. Badeurlaub am Pool ist mein Horrorszenario 😉

    Es grüßt

    DieReiseEule

  2. Wirklich tolle Idee dieses Blogger Duell!
    Mein Punkt geht an die Wander-Fraktion – auch wenn ich persönlich kein Profiwanderer bin und weder Zip-off Hosen noch richtige Wanderschuhe besitze.
    Für mich zählt das draußen sein und das sich treiben lassen und den Weg genauso zu zelebrieren wie das Ziel. Das geht sowohl in der Natur, in den Bergen, am Meer oder auch in der Stadt. Und einen Stock habe ich bisher in jedem Gebüsch gefunden…
    LG Jule von http://www.expedition-abruzzen.de

  3. Hallo! Habe gerade in der fb Gruppe „Deutsches Reiseblogger Netzwerk“ den Hinweis hierher gesehen. Toll Idee! Was sind Eure nächsten Themen? Ich bin eher der Wandervogel. Mir wäre es am Pool zu langweilig und zu chlorhaltig muss ich gestehen. Viele machen Urlaub am Meer und legen sich dann an den Pool … das finde ich skurril. Aber interessant sich hier das pro und con durch zu lesen!!! LG und weiter so! Sirit von Textwelle.

    PS: Falls Ihr Jemanden findet zum Thema Insel-Urlaub con und pro oder Vulkan Besteigung pro und con, bin ich gerne auf der pro Seite dabei! ;O).

  4. Eine wunderbare Idee.
    Ich bin irgendwie bei euch beiden. Ich liebe das wandern (seit Irlands tollen Kulissen), aber Ziphosen sind für mich das schrecklichste auf der Welt. Bevor ich die anziehe verzichte ich lieber aufs wandern 😉
    Tolle Hotels und in Restaurants und Cafés Rum lümmeln liebe ich genauso.
    Das Wandern ist aber irgendwann zu mir gekommen und nun liebe ich es sehr. Vielleicht trifft dich irgendwann Amors Wanderpfeil ja doch noch. Wenn nicht auch nicht schlimm. 😉
    LG Janine

  5. Sehr schöne Idee und nette Texte!

    Ich glaube, bei uns bräuchte man keinen zweiten Blog. Wir sind uns untereinander schon nicht einig, ob Wandern nun cool oder einfach nur ätzend ist. 😀
    Wobei wir nach den letzten (kleineren) Wanderungen zumindest dahingehend übereingekommen sind, dass die teils wahnsinnigen Aussichten und die wunderschöne Natur eine gute Entschädigung für die Anstrengungen sind.

    Liebe Grüße
    Stefan

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