–Der Beitrag enthält unbezahlte Werbung, Pressereise Fashion Week Tunis–
Fotos: Inga Khapava und Katharina Perlbach
Tunesien, das ist nicht nur ein Urlaubsland. Neben Hotelresorts, in denen sich die Touristen am Pool räkeln, neben Stränden und der Wüste, gibt es auch die Hauptstadt Tunis, in der ein Großteil der einheimischen Bevölkerung wohnt. Etwa eine Million der elf Millionen Einwohner des kleinen nordafrikanischen Landes hat seinen Wohnsitz hier. Und dementsprechend ist in dieser Stadt einiges in Bewegung, was Kunst und Kultur anbelangt. Die kreative Szene von Tunis ist größer als man denkt, und auch spannender.
Nicht viele wissen es, doch bereits seit 10 Jahren existiert die Fashion Week Tunis, ein Event, welches sicher schon allein von der Größe nicht mit den „Big 4“, den etablierten Fashion Weeks in Paris, Mailand, New York oder London konkurrieren kann, dafür aber eines, welches einen das Geschehen hautnah miterleben lässt und ermöglicht ganz in die Modeszene Tunesiens einzutauchen. Vier Tage am Stück laufen hier jeden Abend die Models mit den neuesten Kreationen der lokalen Designer über den Laufsteg, vor der malerischen Kulisse des Amphitheaters von Carthage: Historie und Moderne vereinen sich und harmonieren perfekt miteinander.
Als Journalistengruppe aus Deutschland sitzen wir in Reihe eins, direkt am Geschehen. Und gegenüber von uns tummeln sich die Stars und Sternchen Tunesiens: alle top gestylt, alle irgendwie ähnlich aussehend. Die Locken sind akkurat aufgedreht, die Sonnenbrillen groß und verspiegelt, die Mimik teilweise etwas eingefroren. Man merkt, dass jede Sekunde damit gerechnet wird, dass ein wichtiger Fotograf vorbeikommt. Denn für die High Society des Landes ist die Fashion Week Tunis ein ideales Event um sehen und gesehen zu werden. Wer dort alles Bekanntes vor mir sitzt, das werde ich erst im Nachhinein im Zuge meiner Recherchen auf Instagram und Google erfahren. Es sind Schauspieler, Models, Designer, Fernsehmoderatoren – die ganze Riege der lokalen Prominenz. Ich selbst sitze dort mit meinem Outfit, dass sich irgendwie zusammesetzt aus Zara, TK Maxx, Görtz, Second Hand und Flohmarkt. Im Vergleich zu den Damen mir gegenüber fühle ich mich absolut underdressed, doch trotzdem falle ich auf. Helldblond ist hier fast niemand, 1,75 groß außer einigen der Models (und beiweitem auch nicht allen), ebenso wenig: Ich habe also einen Exotenbonus, der mir doch die eine oder andere Tür öffnet. Wahrscheinlich sollte ich das kritisch sehen, doch bin ich ehrlich zu mir, so finde ich es irgendwie recht angenehm.
Auch der junge Nachwuchs der Kunst- und Modeszene ist auf der Fashion Week Tunis vertreten. Modedesign-Studenten tummeln sich hier, um sich inspirieren zu lassen, Kontakte zu knüpfen oder ihren Freunden die Daumen zu drücken, die hier ihre Premiere als Models haben oder auch als Designer. So zeigen beispielsweise auch Studenten der Modehochschule in Monastir ihre Kreationen. Man merkt ihnen an, wie aufgeregt sie sind, als sie am Ende ihrer Shows selbst den Laufsteg beschreiten. Mir gefällt das. Denn warum sollte eine Fashion Week nur denjenigen vorbehalten sein, die sich schon jahrzehntelang im Business befinden? Es ist toll, wenn sie eine Plattform bietet, sich ohne allzu viel Erfahrung austoben zu können, ebenjene Erfahrungen zu sammeln und einmal dem Catwalk nah zu sein, auch wenn er „nur“ durch das Amphitheater von Carthage führt.
Fashion Week Tunis – Stimmen aus der Szene
Die 26jährige Fotografin Sheraz Debbich kommt ursprünglich aus Tunesien, wohnt aber mittlerweile in Frankreich, in Paris. Zur Fashion Week Tunis ist sie jedoch zurückgekehrt in ihr Heimatland, um bei dieser Veranstaltung die Models zu fotografieren. Die Modeszene in Tunesien ist ihr sehr wichtig und ihrer Meinung nach befindet sie sich, besonders seit den vergangenen drei Jahren, im Wachstum. „Die Tunesische Modeszene wird größer und besser, denn wir haben wundervolle talentierte Desingner, die es verdienen auch international Anerkennung zu finden.“ Ungerecht findet sie, dass die Modeszene vieler westlicher Länder so viel Aufmerksamkeit bekommt, während kaum einer auf dieser Welt weiß, dass Tunesien überhaupt eine Fashion Week hat, selbst manch ein Tunesier nicht. Und da kann ich ihr nur beipflichten, denn auch ich finde, dass diese Fashion Week weit bekannter sein sollte, als es aktuell der Fall ist.
Ähnlich verhält es sich mit den Models in Tunesien. Modeln ist für viele junge Frauen und Männer ein Traum, egal wo auf der Welt. Ihn verwirklichen, und professionell an der Karriere weiter zu arbeiten, das machen am Ende nur ein paar. Eine von ihnen ist die 25-jährige Dorsaf Bouzanne, die Englisch und Theater studiert, jedoch regelmäßig als Model arbeitet. Sie läuft Shows, wie die der Fashion Week, dieses Jahr sogar schon zum zweiten Mal, wird aber auch regelmäßig für Fotos gebucht. Dorsaf hat diese eigene Schönheit, die mir sofort auffällt als sie über den Laufsteg schreitet: eine Mischung aus Eleganz und etwas Mädchenhaftem. Trotzdem wirkt sie in ihrer Art, in dem was sie sagt und auch wie sie sich in den sozialen Medien präsentiert, sehr erwachsen. Als ich ihr Alter erfahre bin ich somit überrascht. Die Tunesische Modeszene beschriebt sie als aufsteigend, jedoch auch oberflächlich und kontrovers. Während sie diese Tunesische Designerlegende Azzedine Alaïa verehrt und lokale Designer wie Seyfdean Laouiti , Ali karoui , Braim klei, Anissa Aida, Soraya Jaziri mag, schaut auch sie mit einem Auge in den Westen. Denn auch Karl Lagerfeld und Donatella Versace gehören zu ihren Idolen. Während ich in meinen Gesprächen mit den jungen lokalen Models während und nach der Fashion Week viele klagen höre, über Perspektivlosigkeit, zu geringe Honorare und die Aussichtslosigekeit eine internationale Karriere zu bekommen, wirkt Dorsaf irgendwie bodenständig und zufrieden in dem was sie sagt. Vielleicht genau das was die einheimische Modeszene braucht.
Auch Soumaya Akremi (41), die als Neu-Designerin mit ihrem Label Sumi Beachwear 2019 zum ersten Mal eine Kollektion auf der Fashion Week präsentiert, schreibt der Veranstaltung zu, dass sie Potential hat. Besonders findet sie an Tunesien generell, aber vor allem auch bezogen auf die Fashion-Szene, dass eine Kreuzung aus Afrika, West und Ost stattfindet, die einzigartig ist und die Kreativität fördert, welche besonders seit der Revolution von 2011 verstärkt zum Ausdruck kommt. Ursprünglich hat Soumaya Hotelmanagement in der Schweiz studiert, doch Mode war immer ihre Leidenschaft, so dass sie beschlossen hat aus dieser mehr zu machen. Ihre Beach-Kleidung ist verspielt und durchaus sehr tragbar, so dass auch ich mir im Nachgang einige Stücke für eine Fotoshooting ausleihe, um mich in diesen ablichten zu lassen.
Klar ist, dass in einem kleinen Land wie Tunesien die Modeszene begrenzt ist. Jeder scheint jeden zu kennen, es sind immer wieder die gleichen Designer-Namen, die fallen und auch bei den Models sieht man recht schnell immer wieder dieselben Gesichter. Verständlich also, dass der Traum vom Westen in dieser Szene bleibt, vor allem auch unter denjenigen, denen es an Geld und vor allem an Kontakten mangelt, so dass sie es nicht schaffen dauerhaft in der Tunesischen Fashion Szene Fuss zu fassen. Genauso klar ist aber für mich auch, dass es etwas besonderes und fortschrittliches ist, eine Fashion Week (seit über 10 Jahren) in Tunesien zu haben. Und definitiv etwas, das die kreative Szene des Landes bereichert. Man braucht nicht immer Perfektion. Im Gegenteil, klein gehalten, nahbar und ein wenig chaotisch mag ich. Und schon jetzt freue ich mich darauf, wieder bei der Fashion Week Tunis 2020 (27.-30. Mai) anwesend zu sein, alte Gesichter wieder zu sehen, sicherlich einige neue und zu beobachten, was sich verändert hat in einem Jahr in Tunis.
Fashion Week Tunis – Impressionen
Ganz herzlichen Dank für die Einladung zu dieser Reise, die ich abermals durch Einladung des Fremdenverkehrsamsts Tunesien wahrnehmen konnte, mit der wie immer sagenhaften Betreung durch Andrea Philippi.
Danke für die tollenTipps! Ich möchte demnächst mal dorthin und werde sie beherzigen!