Raus aus dem Käfig – mein Weg zur Freiberuflichkeit

Oft höre ich meine Kollegen, die auch Deutsch als Fremdsprache unterrichten, darüber klagen, wie prekär das Leben in der Freiberuflichkeit ist, dass es einfach nicht genug Angestelltenstellen gibt und wie sehr sie das bedauern. Es ist nicht mal so, dass ich sie nicht verstehen könnte, gerade diejenigen mit Kindern, für die Sicherheit wichtiger ist als für mich.

Freiberuflichkeit – der Kontrast zum Angestelltenleben

Natürlich ruft es dementsprechend bei vielen Menschen auch Unverständnis hevor, dass es bei mir genau umgekehrt war, dass ich diverse feste Angestelltenstellen gekündigt und auf die Freiberuflichkeit hingearbeitet habe. Das war definitiv kein Prozess von heute auf morgen. Denn lange Zeit hatte ich absolut keine Ahnung davon, wie das Leben eines Selbstständigen bzw. Freiberuflers überhaupt aussehen kann. Ich komme aus einer Familie, in der seit Generationen alle angestellt gearbeitet haben, vorzugsweise im Öffentlichen Dienst. Das ist ein sicherer Weg, der einen die fast unumstößliche Garantie gibt, bis an das Lebensende versorgt zu sein. Freiberuflichkeit war also lange ein Fremdwort für mich.

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Das Angestelltenleben: für die einen das Paradis, für mich ein Käfig

Zudem: je mehr ich reise, desto klarer wird mir auch, dass fest angestellt zu sein ein Luxus ist, für den Menschen in armen Ländern alles geben würden. So schäme ich mich beispielsweise hier in Malaysia manchmal fast dafür, zu erzählen, dass ich mich freiwillig für das Leben einer Freiberuflerin entschieden habe und nicht aus der Not heraus. Denn natürlich ist in einem Land, in dem Krankenversicherung keine Selbstverständlichkeit ist und das Arbeitslosengeld ca. 200 Euro im Jahr beträgt, eine lebenlange feste Stelle wie ein Sechser im Lotto. Doch ich habe das riesige Glück zu den wenigen Menschen auf dieser Welt zu gehören, die in eine Gesellschaft hineingeboren sind, die uns nicht einfach so verhungern lässt. Und deswegen finde ich das Risiko der Freiberuflichkeit für mich durchaus zumutbar.

Freiberuflichkeit – eine Erlösung

Denn ich bekomme im Gegenzug etwas, das für mich persönlich so viel wichtiger ist, als ein monatlich gleichbleibender Geldeingang auf meinem Konto: Freiheit, Flexibilität und Gesundheit. Mich hat das Angestelltenleben krank gemacht. Die Tatsache tagein tagaus mehr oder weniger das gleiche zu erleben und zudem nur ein paar Wochen im Jahr zu haben, in denen ich meinen Wohnort verlassen kann, waren für mich eine riesige Bürde. In dem Ausmaß, dass ich wirklich sehr sehr unglücklich geworden bin, weil ich immer mehr das Gefühl bekam, mich selbst, meine Persönlichkeit, meine Wünsche und Träume zu leugnen. Ich bin einfach ein Mensch mit einem riesigen Entdeckerdrang. Die Welt, ihre Menschen, die verschiedenen Kulturen – das war von klein an, das was mich wirklich fasziniert hat. Wenn ich mit Personen aus einem anderen Land über ihr Leben und ihre Kultur spreche, ist mir nie auch nur eine Sekunde langweilig. Ich sauge jedes Wort auf wie ein Schwamm, will mehr erfahren. Nichts auf der Welt kann mich so glücklich machen.

Umso erleichterter war ich natürlich, als mir irgendwann klar wurde: „du musst so nicht leben. Es gibt andere Wege“. Definitiv war das ein längerfristiger Prozess und auch heute, nach ungefähr vier Jahren, ist er noch immer nicht abgeschlossen. Ich suche weiterhin nach neuen Möglichkeiten, um noch ein wenig ortsunabhängiger arbeiten zu können, als ich es bisher tue. Aktuell bin ich ungefähr vier bis fünf Monate im Jahr unterwegs, die restlichen arbeite ich in Deutschland in Düsseldorf und Köln.

Freiberuflichkeit – meine verschiedenen Arbeiten

Doch nun mal Butter bei die Fische – mit welchen Jobs verdiene ich eigentlich genau mein Geld?!

  1. Mit Unterricht in Deutsch als Fremdsprache: ich unterrichte an verschiedenen Institutionen in Deutschland und im Ausland immer wieder für ein paar Wochen oder Monate am Stück. Bezahlt werde ich pro Stunde, beziehungsweise 45 Minuten via Honorarvertrag. Hiermit erziele ich bisher etwa 60-70%  meines Einkommens
  2. Als Texterin/Autorin/Rezensentin: schon seit vielen Jahren schreibe ich Buchrenzensionen für Bibliotheken – das heißt, ich bekomme Neuerscheinungen geschickt und bewerte, ob ich finde, dass sie von den Öffentlichen Bibliotheken angeschafft werden sollten. Diesen Job habe ich jedoch wohl nur bekommen, da ich früher Bibliothekarin war. Außerdem schreibe ich Texte und Artikel für verschiedene Medien, wie z.B. aktuell Express.de und Koelntourismus.de. Durch diese Jobs generiere ich aktuell ungefähr  20-30 % meines Geldes.
  3. Mein Blog So nah und so fern: durch diesen Blog kann ich bisher absolut nicht reich werden, aber dafür, dass ich erst vor einem Jahr begonnen habe, bin ich sehr zufrieden. Primär durch gesponserte Post und ein bisschen durch Affiliate konnte ich zirka 10% meines Einkommens 2016 durch diese Seite bestreiten. Dazu kommen Kooperationen, für die ich zwar nicht bezahlt werde, aber in Hotels übernachten kann oder ähnliches. Außerdem habe ich die meisten meiner Texteraufträge nur erhalten, weil man durch den Blog auf mich aufmerksam geworden ist. Die Einnahmen unter 2. sind also irgendwie auch bloggeneriert.

Mein Plan für das kommende Jahr ist es, mich bei meinem Unterricht noch ein bisschen mehr auf ortsunabhängigen Online-Unterricht zu konzentrieren, meinen Blog auszubauen und ich habe ein paar weitere Ideen, die zunächst aber noch eine Überraschung bleiben, bis sie etwas ausgereifter sind. Ganz klar ist aber, dass es spannend bleibt. Ich liebe meine Freiberuflichkeit und will sie auf keinen Fall so schnell wieder missen.

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Die Freiberuflichkeit mit ihrer Flexibilität macht mich glücklich

Freiberuflichkeit – deine Meinung

Wie sieht es denn bei dir aus? Bist du eventuell ebenfalls mit Leib und Seele der Freiberuflichkeit verfallen? Oder sieht es bei dir genau andersrum aus? Schreib mir gerne deine Meinung oder Geschichte als Kommentar.

20 Kommentare

  1. Das hört sich alles ganz wunderbar an, wenn es zu jemanden passt. Und das tut es in deinem Fall ja zu 100%! Weiterhin alles Liebe und Gute und das du immer so genau weißt was du willst.

    • Großen Dank für den Kommentar. Ja, es passt aktuell 100% zu mir. Natürlich kann es sein, dass sich das irgendwann ändert, aber auch dann finde ich einen Weg

  2. Hey,
    Wirklich ein sehr sehr schöner Post , und so motivierend! Ich habe diesen Schritt dieses jahr auch gewagt – habe meine Festanstellung im Fotostudio gekündigt um nun als freiberuflicher Fotograf zu arbeiten. Und auch wenn es noch ganz frisch ist – seit Mitte November erst – weiß ich jetzt schon , dass es die aller beste Entscheidung meines Lebens war. Und dein Post pusht mich grad noch etwas mehr!
    Allerliebste Grüße für dich!
    Lisa

    • Hi Lisa, hab mir eben mal deine Seite angeschaut – schöne Bilder machst du :-). Herzlichen Glückwunsch, dass du diesen Schritt gewagt hast. Und viel Erfolg für deine Freiberuflichkeit 🙂

  3. Toll geschrieben:-) und interessant eine ganz andere Sichtweite auf die Dinge zu erfahren. Ich gehöre bekanntlich zu genau der anderen Sorte. Ich brauche Sicherheit, Stabilität und Konstanz in meinem Leben. Daher ist für mich die Freiberuflichkeit nur eine gute Möglichkeit, solange ich noch Studentin bin und diese Flexibilität für die uni nutzen kann. Dauerhaft möchte ich gerne fest angestellt sein.

    • Ja, liebe Magda, ich weiß, dass du da ein anderer Typ bist. Und zum Glück sind wir ja alle verschieden :-). Schön, dass dir der Artikel trotzdem gefällt. LG

  4. Ich bin seit einem Jahr Freiberuflerin und es fängt an, mich weniger zu erschrecken. Mein Einkommen kommt von Übersetzungsaufträgen und journalistischer Arbeit, ein wenig von meinem Blog. Allerdings bin ich als Deutschlehrerin ausgebildet (bin eine Französin) und würde gerne unterrichten. Ich sollte mich mehr darüber informieren. Danke für den spannenden Artikel

    • Danke dir für deinen Kommentar. Oh ja, erkundige dich mal…es gibt sicherlich so einige Möglichkeiten als Deutschlehrerin zu arbeiten für dich. Wir werden aktuell überall händeringend gesucht

  5. Hi Katharina,

    danke für die Offenheit. Ich befinde mich auch gerade an der Gabelung: Freiberuflichkeit ja/nein? Aufgrund meines Blogs wurde ich in 2016 zu Aufträgen angefragt. 2017 werde ich dann wohl entscheiden, wie es weitergeht. Da kommen solche Posts wie bei dir genau zur rechten Zeit.

    Yep: Bau das Blog weiter aus, darüber kann sich mehr ergeben, so erfuhr ich es zumindest.

    Alles Gute dir!
    Herzlich,
    Tanja

    • Ich denke, du wirst dich letztendlich für das richtige entscheiden. Wenn du tief in dich reinhörst, dann wirst du ohnehin wissen, was du lieber willst 🙂

  6. Interessanter Artikel.
    Ich gehöre genau zu denen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Ich weiß, wie toll ich es dort habe und höre es auch immer wieder in meinem Umfeld… Aber manchmal, wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, ist es nicht das, was mich erfüllt. Aber es ist viel einfacher, in einem sicheren Hafen zu sein, als sich raus auf die stürmische See zu begeben. 100 % Freiberuflich kann ich mir für mich gar nicht vorstellen aber vielleicht geht es doch irgendwann noch mal ganz woanders hin.
    Ich wünsche dir alles Gute und viel Erfolg weiterhin mit deinem Blog und deiner Freiberuflichkeit! Dieses Käfig-Gefühl kenne ich nur zu gut. …

    • Ja, da sind wir alle verschieden. Ich war auch schon im Öffentlichen Dienst angestellt und es war nichts für mich. Jedoch wäre mir im Falle einer Anstellung immer noch der Öffentliche Dienst lieber als die Freie Wirtschaft. Das habe ich auch schon versucht und nur wenige Monate durchgehalten, da ich nicht der Typ bin, der sich rumscheuchen lässt und im Akkord auf Zeit arbeitet…

  7. Hey Katharina,
    ein sehr schöner und interessanter Bericht! Ich habe auch mal versucht, darüber zu schreiben und dazu ein paar weitere Blogger befragt, vielleicht ist das auch was für dich: http://zwerggefluester.de/ortsunabhaengiges-arbeiten-warum-immer-mehr-menschen-ihr-eigenes-online-business-gruenden/
    Alles Liebe♡ Louise

  8. Ich frage mich gerade ehrlich, wie man an die Rezensionsstelle für die ÖBs kommt. Als ausgebildete Bibliothekarin mit Berufserfahrung wär das gerade was für mich… so nebenbei 🙂

  9. Hi,

    ich suche gerade nach einem neuen Job und als gelernte Kauffrau für Versicherungen und Finanzen mit BWL-Studium und einem Xing Profil in dem ich angegeben habe, dass ich neue Herausforderungen suche, bekomme ich reichlich Angebote, die auf eine Versicherungsagentur zielen. Mein Profil scheint gerade dazu perfekt zu sein in die Selbstständigkeit zu gehen. Das will ich aber nicht. 😉 Jedenfalls nicht als Versicherungsvertreterin. Ich glaube auch, dass mir das keine Freiheit oder mehr Flexibilität bringen würde.
    Aber andere selbstständige Tätigkeiten könnten das bestimmt.
    Um mich selbstständig zu machen, müsste ich erstmal Expertenkenntnisse sammeln, die es auch zulassen, dass ich davon leben kann und da bin ich gerade dran.
    Mein Freund arbeitet zB im öffentlichen Dienst und er ist sehr flexibel, gerade was Urlaub angeht.

    Ich wünsche dir für 2017 viel Gesundheit, viel Erfolg und dass sich deine Ziele erfüllen.

    LG Myriam

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