Nachdem der erste Teil des Bloggerduells, in welchem ich mich mit Lynn zum Thema Wandern gebattled hatte, sehr gut bei euch ankam, geht es heute mit der zweiten Edition weiter. Vergesst bitte nicht, dass es sich auch diesmal um eine überspitzte Darstellung meiner Meinung handelt, die auf Stereotypen aufbaut, denn diese Kolumne soll unterhalten und satirische Elemente beinhalten.
Sabine von „Travel the world with us“ und ich duellieren uns – in dieser Ausgabe: Backpacking pro und contra.
Backpacking – Pro
(von Sabine von travel-the-world-with-us.de)
Backpacking! Allein schon der Begriff verheißt Abenteuer, Freiheit, Entdeckergeist und wahren Pionierwillen! Denn was gibt es wagemutigeres, als hinaus in die Welt zu ziehen – und dabei nur das mitzunehmen, was ich auf dem eigenen Rücken tragen kann? Richtig: nichts! Jedenfalls nicht für mich.
Ich liebe es, auf Reisen alles, was ich zum Leben brauche, bei mir zu haben. Das gibt mir die Freiheit, jederzeit spontan meine Pläne ändern zu können. Dass dabei jedes Gramm im Rucksack zählt, ist klar! Ich will mich ja schließlich nicht wie eine Schnecke mit meinem gesamtem Hausstand auf dem Rücken abplagen. Daher durchforste ich eigentlich ständig die Zillionen an Packlisten im Internet. Und wenn ich tatsächlich irgendwo eine Idee finde, wie ich bei meinem multifunktionalen und praktischen Rucksackinhalt nochmal 30 Gramm einsparen kann, klopfe ich mir zufrieden grinsend auf die eigene Schulter. Diese intensive Auseinandersetzung mit meinem Gepäck hat zudem den Vorteil, dass ich nicht zu viel mitnehme nur für den Fall, dass… Stattdessen überlege ich mir im Vorfeld, was ich auf meiner Reise wirklich brauche. Nebenbei tut das begrenzte Rucksackvolumen meiner Reisekasse gut: denn mal eben Souvenirs kaufen und in den sperrigen Koffer werfen, den ich mühsam hinter mir her durch den Sand oder über Pflastersteine schleifen muss, fällt flach. So bleibt mir mehr Geld zum Reisen. Double win!
Backpacking ist aber noch viel mehr als nur minimalistisches Reisen – es ist die Hingabe an das Ungewisse: Mich ohne feste Route von Ort zu Ort treiben lassen, nur eine vage Idee zu haben, wo ich hinwill und meist nicht zu wissen, welcher Wochentag gerade geschrieben wird. Es geht beim Reisen als Backpacker eben nicht darum, Sehenswürdigkeiten abzuklappern, die sowieso schon jeder auf Fotos gesehen hat – sondern darum, ein Land und seine Menschen zu erleben. Und das möglichst so, wie es die Einheimischen tun. Dafür feilsche ich aus Prinzip mit der Bananenverkäuferin auf dem Markt um jeden Cent und quetsche mich himmelhochjauchzend in total überfüllte öffentliche Verkehrsmittel. Hach, wie herrlich authentisch.
Wenn ich doch mal an einem touristischen Hotspot lande, schaue ich gerne von meiner Reisebibel Lonely Planet – dem einzigen Teil in meinem Rucksack, welches locker 1 kg Gewicht auf die Waage bringt – auf und blicke bemitleidend auf geführte Tourgruppen, die ergeben ihrem Reiseführer hinterher marschieren und zuerst fragen müssen, ob die Zeit bis zum nächsten Programmpunkt noch ausreicht für einen Besuch auf dem stillen Örtchen.
Im besten Fall aber lande ich durch Tipps von Einheimischen an Orten, die noch in keinem Reiseführer stehen. Dort werden dann auch die Geschichten geschrieben, die abends an einer Hostelbar wispernd an andere Backpacker weitergegeben werden.
Denn natürlich steige ich zwischen den Abenteuern im touristischen Niemandsland in regelmäßigen Abständen in Hostels ab. Unpersönliche, austauschbare Hotels sind mir dagegen ein Graus. Ich verstehe diese Pauschalurlauber einfach nicht: warum verbringen sie ihren Urlaub in einem identitätslosen Hotelkomplex – abgeschottet von dem Land, das sie eigentlich besuchen? Ein Buch lesen oder in einen Swimming Pool hüpfen kann ich auch zuhause. Und warum sollte ich eines von 500 Zimmern beziehen wollen, ohne zu wissen, wer neben, unter oder über mir wohnt? Auch das kann ich im Plattenbau zuhause haben – nein danke!
Hostels dagegen eignen sich bestens dazu, Menschen verschiedenster Kulturen kennenzulernen und soziale Kontakte zu knüpfen. Dazu muss ich nicht einmal ein Mehrbettzimmer wählen. Denn in den vorhandenen Gemeinschaftsbereichen steht keiner lange allein da: Mit Hendrik aus Schweden und Rajhi aus Indien teile ich mir zum Sonnenuntergang auf der Dachterrasse des Hostels eine Flasche des günstigsten lokalen Biers. Bevor wir alle weiterreisen, hängen wir am nächsten Tag noch gemeinsam in den hosteleigenen Hängematten ab. Natürlich bleiben wir über Facebook in Kontakt und kommentieren gegenseitig unsere coolen Reisefotos. Und wenn ich eines Tages in Indien oder Schweden vorbei komme, kann ich spontan auf ihrer Couch schlafen.
Wir Backpacker sind eben eine eingeschworene Gemeinschaft. Der gestrickte Llama-Pullover und die luftig-flattrige Elefantenhose zeigen mir außerdem auf den ersten Blick, mit wem ich mich über den Gringo-Trail durch Südamerika und den Banana-Pancaketrail durch Asien unterhalten kann. Denn da waren wir Backpacker schließlich alle schon.
Aber natürlich jeder ganz individuell.
Über die Autorin
Ich bin Sabine. Zusammen mit meinem Mann Uli reise ich mit Rucksack und mit dem Plan, nicht im voraus zu planen, seit nun nahezu 4 Jahren kontinuierlich um die Welt. Im Gepäck haben wir außer dem absolut Nötigsten eine große Portion Neugier, Erlebnishunger und Interesse an allem Exotischem. Auf unserem Blog und auf Facebook erzählen wir von den Abenteuern und ganz besonderen Momenten unserer großen Reise um die Erde. Und auf Instagram könnt ihr die Welt durch unsere Augen sehen.
Backpacking – Contra
(von Katharina)
Backpacking: ja, das kann man machen, man muss es aber wahrlich nicht. Die Gemeinschaft der Backpacker war schon immer rätselhaft, um nicht zu sagen abschreckend für mich. Auch ich vertrete die Meinung, dass ich Land und Leute kennenlernen und nicht nur auf ausgetretenen Pfaden wandeln will. Doch möchte das der durchschnittliche Backpacker denn wirklich auch? Meine Erfahrung hat mich gelehrt: nein. Die meisten Rucksackreisenden, welche ich in Hostels kennengelernt habe, wollten vor allem eines: möglichst viel trinken, und das möglichst billig. Sie sind unschlagbar darin, dir zu sagen, wo es das billigste Bier gibt und wie du an die allerbilligste Taxifahrt und das einfachtse (dreckigste) Zimmer kommst. Daran, dass die Einheimischen vom Tourismus aber auch leben, und die Mitarbeiter in billigen Absteigen definitiv nicht gerecht bezahlt werden können, denkt der 08/15-Backpacker leider nicht. Das durchschnittliche Backpacking hat deswegen meines Erachtens nach nichts mit Weltoffenheit und einem alternativen Lebensstil zu tun, sondern viel mehr mit Geiz und Ignoranz. Wer biertrunken jede Nacht zum Tage macht, von einer Bar in die nächste fällt, dann Sex im 10-Bett-Hostelzimmer mit der eben so ungewaschenen wie volltrunkenen neuen Backpackerbekanntschaft hat, um dann am nächsten Tag stundenlang am Strand rumzuhängen und dem armen Kokosnussverkäufer ja keinen Cent zu viel zu gönnen, der ist für mich kein Reisender.
Natürlich weiß ich, dass es auch die anderen Backpacker gibt, die sich nicht ständig hemmungslos betrinken und auch mal bereit dazu sind, 5 Euro im Restaurant zu lassen und der Putzfrau einen Euro Trinkgeld zu geben. Für mich wäre es aber trotzdem nichts. Ich mag meinen Ziehkoffer, welcher Outfits für jede Gelegenheit enthält, und 2-3 Paar Schuhe. Denn schließlich kann schnell mal eines davon abhanden kommen, wie ich kürzlich von einer Journalistenkollegin auf einer Pressereise erfahren habe. Im Vietnam wurden ihr im Hostel die Schuhe geklaut. „Vom Putzpersonal?“ frage ich. Ihr Gesicht verzieht sich und sie guckt ein wenig verächtlich, bevor sie antwortet: „Nein, das waren die Backpacker“.
„Vergesst bitte nicht, dass es sich auch diesmal um eine überspitzte Darstellung meiner Meinung handelt, die auf Stereotypen aufbaut“
Das ist Euch gelungen 😉
Ich finde die off-the-beaten-path-Attitüde vieler Backpacker genauso nervig wie die Stereotypen gegenüber Backpackern.
An der Nachhaltigkeit von Backpacking zu zweifeln ist aber abwegig. Backpacker geben zwar pro Tag weniger Geld aus, Aber es kommt viel mehr davon bei den Einheimischen an (70% vs. 30%). Backpacker geben wegen der langen Reisezeit insgesamt sogar mehr aus als Urlauber.
Typische Backpacker-Guesthouses sind Familienunternehmen. Es gibt gar keine Mitarbeiter, die schlecht bezahlt werden könnten. Es gibt auch keine Einstiegsbarrieren wie bei Hotels und so kann selbst die Mutter oder Oma ihre leerstehenden Zimmer vermieten. Das ist um einiges besser als Putzfrau im Hotel zu sein.
Ich empfehle zu dem Thema das leicht zu lesende Powerpoint von Mark Hampton: ‘Responsible Backpacker Tourism’: contradiction or contribution? (2009) http://www.discoverymice.com/WECO2009LAOS/PPT-MarkHampton.pdf
Florian, danke für deinen Kommentar. Ich denke, dass es auch immer eine Frage ist, wie sich denn nun ein Backpacker wirklic definiert. Ist ein drei Wochen lang Reisender mit Rucksack ein Backpacker, z.B.? Sind diejenigen, die in riesigen Hostels absteigen auch welche oder nur solche, die in kleinen Guesthoueses wohnen?! Aber nochmal generell, es ist WIRKLICH überspitzt und nicht so ernst zu nehmen. Es soll hier primär um eine unterhaltsame Kolumne gehen :). LG aus Tunesien
Jaja, die schwierige Definition von „Backpacker“. Für mein Verständnis müssten wir bei der Reisezeit schon in Monaten reden und Hostels sind ja sowas von Flashpacker 😉
Grüssle aus der Backpackerzentrale Bangkok