Wir werfen einen Blick auf Instagram und suchen nach dem Hashtag #Reiseblogger. Zahlreiche Profile tauchen auf, die schöne Landschaften zeigen, hübsch zurechtgemachte Frauen im Sommerkleid in der Wüste, wir sehen den Eifelturm, coole Cafes in Rom oder London, und auch folgendes sehen wir: 45 Länder, 52 Länder, oder sogar 73 Länder. Es scheint immer beliebter zu werden, die Reiseländer zu zählen, die man bisher besucht hat und dies in den Sozialen Medien für jeden sofort ersichtlich darzustellen. Cool? Na ja, geht so! Warum ich gegen das Zählen von Reiseländern sowie davon mittlerweile zudem ganz schön genervt bin, das erfahrt ihr hier.
Reiseländer zählen: mehr Schein als Sein
Für mich ist das Zählen der Reiseländer mittlerweile zum Inbegriff von Oberflächlichkeit geworden. Denn mal ehrlich: Geht es hier noch darum wirklich zu reisen, ein Land, seine Kultur und Einwohner zumindest im Ansatz kennenzulernen oder um ein bloßes Abhaken? Der Verdacht, dass letzteres im Vordergrund steht, drängt sich unweigerlich auf. Reisen ist für mich entdecken, beobachten, kennenlernen. Natürlich mache ich auch gerne schöne Fotos und auch ich freue mich, wenn ich neue Orte besuche. Doch wenn es das primäre Ziel ist, schnell irgendwo den Flughafen zu verlassen, sich ein oder zwei Nächte einzuquartieren, für ein paar instawürdige Fotos zu posen und dann ein Land mehr auf der Liste zu haben, so ist das für mich kein Reisen.
Reiseländer zählen: besuche ein Land ruhig mehrmals
Wer Reiseländer zählt, neigt dazu nur Länder zu besuchen, in denen er noch nicht war. Doch dies nimmt einem leider die Chance, andere Länder mehrmals zu bereisen und somit besser kennenzulernen. Hat es mir ein Land oder eine Stadt besonders angetan, so neige ich dazu, immer wieder zurückkehren zu wollen, um dort noch mehr entdecken zu können, noch mehr zu erfahren. So war ich beispielsweise innerhalb eines Jahres dreimal in Ägypten, oder habe vor einiger Zeit ebenfalls dreimal in einem Jahr Budapest besucht. In Amsterdam war ich wahrscheinlich schon 20mal und Italien wird immer zu meinen Lieblingsländern zählen und ist auch nach dem 15. Besuch alles andere als langweilig. Mehrmals an diese Orte zu reisen bringt mir keinen Haken auf einer Länderliste, macht mich dafür um zahlreiche Erfahrungen reicher.
Reiseländer zählen: alles eine Frage der Definition
Und dann bleibt schlussendlich auch noch die Frage offen: Wer definiert eigentlich, wie lange ich in einem Land gewesen sein muss, um es besucht zu haben. Auf dem Rückflug von Bangkok nach Deutschland ist unser Flugzeug auf dem Flughafen von Colombo in Sri Lanka zwischengelandet. Heißt das, dass ich schonmal in Sri Laka war? Oder bei einer Europa-in-sieben-Tagen-Reise, wie sie doch viele Ausländer gerne machen, kann man da wirklich sagen, dass diese Personen Deutschland, die Niederlande, Frankreich, Tschechien und Italien gesehen haben. Klar, Fotos zeigen, dass sie dort waren. Doch was sagt die Erinnerung? Ist da überhaupt irgendetwas hängengeblieben oder verschwimmen alle Länder zu einem breiigen Mischmasch, welches sich eigentlich gar nicht mehr auseinanderhalten lässt?
An dieser Stelle möchte ich Rückert zitieren welcher sagte „Nur aufs Ziel zu sehen, verdirbt die Lust am Reisen.“ Denn ja, so ist es! Es geht um die gesamte Erfahrung, um das Unterwegssein, das Aufsaugen von Sinneseindrücken und auch um das Wiederkehren. Hört auf mit dem Sammeln, stoppt damit euch mit einer Zahl profilieren zu wollen, sondern versucht einmal das Reisen einfach zu genießen und den Ländern zweite, dritte oder sogar zehnte Chancen zu geben. Am Ende werdet ihr dafür belohnt.
Zudem ist natürlich auch der Gedanke nicht zu vernachlässigen, dass auch Reisen im eigenen Land unheimlich spannend und bereichernd sein können – denn mal ehrlich, Deutschland ist ja nun wahrlich alles andere als einheitlich. Und nun: plant einen Roadtrip, bucht ein Zug- und Flugticket und besucht ein Land, in welchem ihr schon gewesen seid. Denn eines ist sicher – kennen könnt ihr es noch lange nicht.
Schöner Artikel! Ich habe mir vorgenommen jedes Jahr einen Ort zu besuchen an dem ich noch nicht war. Einfach um immer etwas neues mitzunehmen. Alles andere ergibt sich dann. Ich war auch schon mehrmals in England, Italien oder Polen. Wir waren letztes Jahr in Indonesien, aber da gibt’s noch so viel zu sehen, dass ich in den nächsten Jahren noch ein paar Inseln mitnehmen möchte. Irgendwie doof, wenn man auf Bali war und sich dann Indonesien abhakt, obwohl es noch so extrem viel mehr zu sehen gibt, das sich ja auch kulturell und Landschaftlich so unterscheidet. Dieses abhaken find ich auch blöd, das kommt einem vor wie ein Wettbewerb. Als ob jeder, der unter 30 Länder besucht hat kein richtiger Reisender wäre. ?
Liebe Grüße Claudia
Da sprichst Du mir ganz von der Seele! Ich könnte jedes Wort unterschreiben! Mich hat dieser „Schwanzvergleich“ vor allem der Backpacker schon immer sehr gestört. Und hab da auch schon drüber geschrieben: https://www.bambooblog.de/2015/03/08/16-laender-in-5-monaten/
Wenn’s recht ist, werde ich dort mal einen Link zu Deinem Artikel setzen.
Liebe Grüße
Ulrike
Hi,
es setzt einem auch am Anfang irgendwie unter Druck, wenn man liest, wie viele Länder ander Reiseblogger pro Jahr besuchen. Und dann macht man sich mal die Mühe und liest deren Auflistungen genau und dann steht da, dass sie echt nur am Flughafen waren oder mal durchgefahren sind. Ich aktualisiere zwar regelmäßig die „Bucket-List“ auf meinem Blog, aber das ist mehr so meine öffentliche Träumereiliste bzw. eine Übersicht meiner Reiseberichte.
Auf meiner „Rubbelweltkarte“ zählen tatsächlich nur Länder, wo ich mind. 1 Nacht übernachtet habe, und zwar nicht am Flughafen. ^^
Aber mit dem Alter wird man ja auch irgendwie reifer und in der Zwischenzeit sehe ich das Länder zählen gelassener. Ich bin auch mehr für ein Land kennenlernen, länger und langsamer reisen. Ist ja auch für den eigenen Blog gut. Dann wird man zum Experten bei bestimmten Reisezielen und Nischen sind ja wichtig. ^^
In diesem Sinne wünsche ich weiterhin entspanntes slow traveling. 😉
LG Myriam
Wozu Länder zählen wenn man verliebt ist in Kreta??????????????????
Was das Länder ZÄHLEN angeht, da überlasse ich das lieber meinem Onkel. Die Länder in denen er noch nicht war lassen sich an 2 Händen abzählen. Die Besuche sind aber weniger als Tourist sondern mehr seinem Beruf geschuldet.
Persönlich denke ich, jeder muss für sich selbst entscheiden was seine Form des Reisens ist und wie er darüber berichten mag. Es mag einfach sein, einfach eine Nummer mit Anzahl der Länder zu veröffentlichen. Ich schätze da lieber die Freunde die ich bei meinen Reisen kennen gelernt habe und mit denen ich heute noch Kontakt habe.
Liebe Katharina, du sprichst mir aus der Seele, das nervt mich schon sehr lange. Und was soll das bloß! Deine Gedanken sind sehr wichtig und erhellend, deswegen habe ich heute mal auf deinen Artikel verlinkt, als ich eine ähnliche Fragestellung aufgenommen habe. Schau gerne mal bei mir rein: https://indigo-blau.de/wie-mich-reisen-veraendert – den Link kannst du ja dann löschen 🙂
Liebe Grüße
Hallo Katharina,
erst gestern habe ich mit einer Freundin über den „Wettbewerb“ des Reisens gesprochen. Ich liebe es, genau wie du, in Länder oder Städte, die es mir angetan haben, mehrfach zu reisen, um noch tiefer eintauchen zu können. So war ich zum Beispiel dieses Jahr zum vierten Mal in Island und habe schon mehrfach zu hören/zu lesen bekommen: „Schon wieder?“. Ja, schon wieder. Und zwar aus voller Überzeugung, denn nur der Golden Circle ist noch lange nicht Island…
Vielen Dank für deinen inspirierenden Artikel.
Liebe Grüße,
Christina